Martin Heideggers Ontologie in Sein und Zeit [1927]
7. September 2016
von Andrea
zur Erinnerung an das Sommersemester und Vorbereitung auf Wintersemester
- Fundamentalontologie
Heidegger setzt sich von den Ontologien der traditionellen Philosophen ab und gibt der Ontologie eine neue Wendung. Ontologie ist nach Heidegger in Anthropologie zu fundieren.
Damit steht er einerseits in der Tradition einer Philosophie der Moderne, in der es üblich ist, alles vom Menschen aus zu denken. Neu ist aber andererseits, dass er ausdrücklich sagt, die Fundamentalanalytik ist die Analytik das Daseins, also des menschlichen Seins.
Die Ontologien sind in der ontischen Struktur des Daseins selbst fundiert. Daher muß die Fundamentalontologie, aus der alle anderen erst entspringen können, in der existenzialen Analytik des Daseins gesucht werden. Die fundamentale Form von Ontologie ist die „Menschenseinsverfassunganalytik“, also die Ontologie des seienden Menschen. Erst daraus sind die anderen Ontologien zu entwickeln.
Heidegger setzt sich dadurch von Kant ab, dass nach seiner Ansicht die Analyse des Daseins nicht erst eine Analyse unseres Verstandes und unserer erkenntnistheoretischen Grundbegriffe nötig ist. Er möchte vielmehr sich viel grundlegender, viel elementarer dem Daseins nähern, indem er nicht auf den Menschen blickt, wie er in erkenntnistheoretischen Seminaren erscheint, sondern wie er „geht und steht und handelt“.
Zitate:
„Die ausdrückliche und durchsichtige Fragestellung nach dem Sinn von Sein verlangt eine vorgängige angemessene Explikation eines Seienden (Dasein) hinsichtlich seines Seins.“ (Sein und Zeit [SuZ], Tübingen: Niemeyer 19. Aufl. , 2006, S 7, Abs. 2)
„Die Ontologien, die Seiendes von nicht daseinsmäßigem Seinscharakter zum Thema haben, sind […] in der ontischen Struktur des Daseins selbst fundiert und motiviert, die die Bestimmtheit eines vorontologischen Seinsverständnisses in sich begreift.Daher muss die Fundamentalontologie, aus der alle andern erst entspringen können, in der existenzialen Analytik des Daseinsgesucht werden.“(ebd., S.13, Abs.4)
- Wie gibt es Seiendes ?
Zuhandenes- Vorhandenes
„Vorhandenheit“ ist die Seinsweise, wie man üblicherweise das Seiende thematisiert.(SuZ, S. 13, 15, 16): was ist etwas an sich selbst betrachtet, kontextfrei oder in diesem oder jenen Kontext betrachtet. Es ist etwas zunächst einmal an ihm selbst.
Aber Heidegger sagt, es ist nicht so, dass wir zunächst Dinge im Sinne von vorhandenen objektiven Entitäten kennen und diese dann in einen Verständnis- bzw. Handlungzusammenhang bringen, sondern der menschliche Verständnis-und Handlungszusammenhang ist das erste.
Dinge, Gegenstände bzw. Zeug als solches gibt es primär im Horizont menschlichen „In-der-Welt-Seins“, menschlichen Handelns, menschlichen Vertrautseins.Das Seiende ist zunächst das Gebrauchte, Hergestellte und dgl.
Diese Seinsweise nennt Heidegger „Zuhandenheit“. Das ist die ursprüngliche Verfassung für Menschen. Er sieht es gewissermaßen „handwerklich“: die Dinge sind zur Hand. „Die nächste Art des Umganges ist […] das hantierende, gebrauchende Besorgen […].“
„Vorhandenheit“ entsteht – nach Heidegger- erst durch Störung ( Nichtfunktionieren) in der ursprünglichen Verfassung der Zuhandenheit. Erst dann beginnt das Betrachten des Dings als solches. Es beginnt das Betrachten, die Theorie, das „Begaffen„.
Die anfängliche Verfassung ist also die, dass wir mit den Dingen im Zusammenhang sind. (Besorgungszusammenhang–“Zeugganzes“). Über Störungen entsteht erst Erkenntnis und es beginnt die Vorhandenheit, die anderen Denkern als das Primäre erschien, für Heidegger aber das Sekundäre ist..
(nach Wolfgang Welsch, aus: „Ontologie“, 13. Vorlesung Wintersemester 2010/2011 Uni Jena, Hörbuch von „Auditorium Netzwerk“)